Der Angst ins Gesicht blicken - ich atme mich dann mal gesund!


Von Anfang an ist Angst ein ständiger Begleiter. Mal bewusst, mal unbewusst, aber trotzdem latent im Hintergrund vorhanden. Kaum hat man eine etwas besser Phase, wie zum Beispiel die ersten drei Chemos hinter sich und es läuft halbwegs gut, findet man entweder eine Information im Internet, die einen beunruhigt oder erfährt, wer nicht aller an Krebs schon gestorben ist oder unter den Nachwirkungen leidet. Und wenn wir ehrlich sind, ist überhaupt ein Ende davon in Sicht? Den spätestens nach den Behandlungen kommt das ultimative Schreckenswort "Rezidiv" in dein Leben. Daher gibt es für mich nur eine Möglichkeit, nämlich der Angst einen passenden Raum im Leben zu geben und ihr mit Neugierde zu begegnen. Dabei spielt der Atem eine weitaus wichtigere Rolle, als ich mir je gedacht habe!


Schon in der Schwangerschaft war ich von Atemtechniken begeistert. Damals war mir nicht bewusst, was mir die einfache Ruheatmung langfristig gesehen bringen wird. Als ich vorhin ein Interview von Per Bristow sah, mit dem Weltrekordhalter Stig Severinsen im Atem anhalten (unglaubliche 20 Minuten), wurde es mir klar! Nun, aber was hat das mit Krebs zu tun? Ganz einfach, schon in der Schwangerschaft ist man als Frau mit rationalen und irrationalen Ängsten konfrontiert. Bei einer Krebserkrankung ist das find ich nicht sehr viel anders. Nur dass es halt kein Happy End mit einer Geburt gibt, sondern die Weiterführung mit immer neuen Angstthemen. 


Wenn ich jetzt zurückblicke, habe ich ein Tool dauerhaft die ganze Zeit genutzt. Die Ruheatmung! Bei allen Wartezeiten zu Untersuchungen oder vor der Chemo, habe ich diese Technik praktiziert. Dabei fühlte ich mich einfach gut, mein Blutdruck sinkt dadurch immer sofort und egal was rund um mich passierte, es entspannte mich einfach. Das tut es heute noch, aber jetzt erst wurde mir bewusst, was ich da eigentlich genau mache!

Vom Vagusnerv und Tiefenentspannung!

Eines der komplexesten Systeme in unserem Körper, sowie insgesamt auf der ganzen Welt, ist das Nervensystem. Es wird in 12 Stränge gegliedert, wobei der Vagusnerv der zehnte und längste ist. Er geht bis in unseren Bauchraum und hat die längste Ausstülpung, die in den Darm mündet. Es gibt sogar Vermutungen, dass dieser Nerv  maßgeblich an der Wahrnehmung unserer Welt beteiligt ist. Da bekommt der Spruch "Du bist, was du isst." eine ganz neue Bedeutung. So weit, so gut! Was man noch über  unser Nervensystem wissen sollte ist, dass es in drei Bereichen eingeteilt wird. Dem Sympathikus und Parasympathikus sowie dem Darmnervensystem. Den ersten beiden Systemen werden die meisten Organe zugeordnet. 

 

Wer genauer nachlesen möchte, hier zwei Links. Hier sind die Infos zum Vagusnerv sehr verständlich aufbereitet. Wer es detaillierter, mit weiterführenden Links will, wird auf Wikipedia fündig. Auch die Artikel zum Sympathikus und Parasympathikus sind lesenswert.

Was hat das ganze jetzt mit der Atmung zu tun? Also die beiden Nervensysteme haben die gegensätzlichen Funktionen "Belastung bzw. Leistungssteigerung" sowie "Entspannung und Regeneration"! Wenn der Sympathikus aktiviert ist, stehen wir unter Stress. Beim Parasympathikus entspannen wir uns und sind in der Regeneration. Eine Grundvoraussetzung, um die Selbstheilungskräfte zu aktivierten. 

Dabei spielt die Atmung eine wesentliche Rolle. Mit ihr können wir sofort in unserem Körper etwas verändern. Wie einfach das geht, zeig ich dir im Video.


Die Ruheatmung

Hier nochmal zusammengefasst:

Die Ruheatmung ist eine Atemtechnik, wo du einfach doppelt so lange ausatmest, wie du eingeatmet hast. Dabei bestimmst du den Rhythmus, der für dich angenehm ist.

Bis vier zählen beim Einatmen.

Kurz den Atem halten.

Bis acht zählen beim Ausatmen.



Jetzt bin ich zwar noch mitten in der Behandlung, aber verstehe um einiges besser, warum ich dennoch so schnell wieder ruhig werden kann. Angst ist eine Stressbelastung, aber sobald ich mich auf die Atmung und das Zählen konzentriere, entspannt sich mein Körper. Wenn ich zähle, kann auch mein Kopf nicht davon galoppieren, sondern muss im jetzt bleiben. Praktisch, einfach und immer umsetzbar. So, wie ich es am meisten mag. 

 

Wenn man dann noch bedenkt, dass der Verdauungstrakt und Dickdarm sowie Herz und vieles mehr davon beeinflusst wird, ist klar, dass diese Atemtechnik nur hilfreich sein kann während einer Chemo. Bei einigen Mitteln, so auch bei meinem Nab Paclitaxel, kann das Herz angegriffen werden. Dass alles an Verdauung leidet, ist wohl die bekannteste Nebenwirkung der Krebsbehandlung. Auch wenn es keine direkten wissenschaftlichen Nachweise gibt, kann meiner Meinung nach diese Atmung ein Gamechanger sein. Nur wer dauerhaft schafft, sich selbst zu beruhigen und entspannen, wird sich irgendwann wieder gesund fühlen können. Den seien wir ehrlich, ist nicht einer der belastendsten Gedanken an dem ganzen, dass einem keiner sagen kann, wann man wirklich wieder gesund ist?

 

Egal ob vor oder nach der OP die Chemo kommt. Oder noch eine Bestrahlung erfolgt und auch keine Krebszellen mehr zu finden waren. Das Angstwort "Metastasen" entscheidet über das erfolgreiche Behandeln dieser Krankheit. Bei Tripple negativ heißt es, die ersten zwei bis drei Jahre sind die entscheidendsten. Hat man fünf Jahre geschafft, sollte man so gut wie save sein. Das ist übrigens je nach Krebsart verschieden. Nur wie schafft man fünf Jahre lang mental stabil zu bleiben? Das hab ich mich als allererstes gefragt. Den das optimistisch und positiv bleiben ist ein wesentlicher Bestandteil um wirklich gesund zu werden. Nicht nur der Körper auch unser Geist und die Seele. Die Chemo alleine bringt uns teilweise schon in Todesnähe, auch wenn das keiner zugeben oder sagen will in der Schulmedizin. Und wenn Todesnähe nur heißt, sich schwach und gebrechlich zu fühlen sowie mit der Endlichkeit seines Lebens konfrontiert zu werden. Da kann die Behandlung noch so glattlaufen oder sich die Nebenwirkungen in Grenzen halten. Selbst da wird man schon gefühlt wahnsinnig, wie oft einem die Gedanken an einen möglichen Tod kommen. Wenn man dann noch unter starken Nebenwirkungen leidet, ist die mentale Kraft nochmal schwächer. Den Satz "In einem starken Körper wohnt ein starker Geist." versteh ich jetzt nach meinen Chemozyklen, nochmal anders als vorher. Da bleibt manchmal nichts anderes mehr als atmen! 

 

Nachdem mir heute erst bewusst geworden ist, wie viel mir diese einfache Technik geholfen hat, dachte ich, sie ist für euch auch interessant. Wenn dieser Artikel hilfreich für dich war, hinterlasse mir doch ein Kommentar hier oder Insta und Fragen natürlich auch. 


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